Bewegtbildung will mit ihren Angeboten unterschiedliche Zielgruppen und →Lernziele erreichen. Es ist hilfreich, im Vorfeld eines Projektes ein möglichst klares Bild der Zielgruppe zu entwickeln, um das Projekt oder Produkt im nächsten Schritt gezielt auf die Zielgruppe auszurichten.
Bei einem regional verorteten Partizipationsprojekt gibt es in der Regel einen geschlossenen, lokalen Teilnehmendenkreis und eine geografisch klar umrissene Zielgruppe, wenn z. B. Videos über den eigenen Stadtteil gedreht und veröffentlicht werden oder es um kommunale Bürger*innenbeteiligung geht. Bei einem Onlineprojekt hingegen ist die Zielgruppe offen und potenziell sehr groß. Informationskampagnen verfolgen noch einmal einen umfassenderen Zweck, was Zielgruppen angeht: Sie wollen eine maximal große Zielgruppe erreichen und vor allem überzeugen.
Online- und Offlineformate können sich gut ergänzen, sei es in der Schule, im Jugendzentrum oder in anderen Begegnungsstätten, ob mit Begleitmaterial, durch Präsenzveranstaltungen oder Ähnliches.
Definition von Zielgruppen
Die Motivation dazu, Webvideos zu produzieren, kann ganz unterschiedliche Hintergründe haben. Der Zugang bzw. die Motivation zu einer Webvideoproduktion kann entweder über das Thema erfolgen, wenn man ein bestimmtes Anliegen hat, das man bearbeiten möchte, oder über die Zielgruppe, z. B. im pädagogischen Kontext. In beiden Fällen ist es wichtig, die Zielgruppe zu kennen. Die Definition von Zielgruppen muss so genau wie möglich erfolgen.
Neben der klassischen Unterteilung nach Alter, Bildung und Beruf spielen bei der Zielgruppendefinition verschiedene andere Faktoren eine Rolle: z. B. Geschlecht, kultureller Hintergrund, politische Einstellungen, Lebensstil, Wohnort (Stadt/Land), Einkommen und Konsumverhalten. Es kommt nicht darauf an, eine Gruppe von Menschen nur anhand äußerer Merkmale und Kategorien zu beschreiben, sondern sie als handelnde Gruppe zu begreifen.
Die Frage muss nun lauten: Werden die äußeren „objektiven“ Merkmale handlungsrelevant? Unterschiedliche Lebensbedingungen, die durch gesellschaftliche Wirkmechanismen begründet sind (Ein- und Ausschließungen, Privilegierungen und strukturelle Benachteiligungen z. B. durch Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Alter, Bildung), müssen mitgedacht werden. Eine Zielgruppe kann sich darüber hinaus auch über eine gemeinsame Motivation oder ähnliche Wünsche definieren.
Bei der Zielgruppendefinition lässt sich nach primären, sekundären und tertiären Zielgruppen unterscheiden. Ein Beispiel: Primäre Zielgruppe eines Webvideoprojektes sind Jugendliche, die durch die Methode der aktiven Medienarbeit, durch die Auseinandersetzung mit einem Thema und durch die daraus resultierende Erstellung eines Webvideoproduktes eine Selbstwirksamkeitserfahrung machen sollen. Sekundäre Zielgruppe könnten diejenigen sein, die das Webvideoprodukt rezipieren und derselben Zielgruppe angehören (in diesem Falle Jugendliche). Tertiäre Zielgruppe könnten Pädagog*innen oder Eltern sein, die Zugang zur primären Zielgruppe haben. Entweder haben sie diesen Zugang bereits oder sie können das erstellte Produkt als Medium für den Zugang zur Zielgruppe verwenden.
Um die Zielgruppe besser eingrenzen zu können, bietet sich unter Umständen die Nutzung sogenannter Personae an. Diese fiktiven Charaktere konkretisieren die Zielgruppe und sollen bei der Beantwortung der Frage helfen, wer sich für das Angebot interessiert.
Lebensweltorientierung und Ansprache
Um eine gute Zielgruppenorientierung zu gewährleisten, ist es wichtig, eine möglichst große Annäherung bzw. Orientierung an der Lebenswelt der Zielgruppe zu ermöglichen. Das umfasst ihre Interessen, den sozialen Hintergrund, Erfahrungen und die Anschlussfähigkeit im Alltag. Eine gute Kenntnis der Zielgruppe öffnet Zugänge: Was braucht die Zielgruppe? Was wird sie potenziell nutzen?
Die passgenaue Art der Ansprache, verwendete Tonart sowie authentische Kommunikation – ohne künstlich zu wirken – kann mitunter ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg eines Webvideoprojektes sein. Die Kommunikation in Projekten sollte der Zielgruppe in allen Phasen angepasst werden; sowohl bei der Projektplanung, der Durchführung, der Interaktion mit primären und sekundären Zielgruppen als auch im Community-Management bzw. bei den Kommentaren.
Bei der Entwicklung von Formaten gilt es, die Unterschiede zu bedenken, die sich hinsichtlich Bildungsformaten, journalistischen Formaten und Meinungsformaten ergeben. Eine entscheidende Rolle spielt die Zielgruppenorientierung sowie das Lernziel. Mit einem Satireformat ist es vermutlich schwerer, Menschen mit geringeren Deutschkenntnissen zu erreichen. Ein Diskursformat ist nicht unbedingt das geeignetste Mittel, um Grundschüler*innen zu erreichen.
Um bestimmte Zielgruppen mit einem Webvideoangebot anzusprechen, sind folgende Punkte zu beachten:
- Das Thema sollte für die Zielgruppe relevant sein bzw. die notwendige Aktualität besitzen, um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu erlangen.
- Die Wahl der Plattform, auf der ein bestimmtes Webvideoangebot eingestellt wird, muss der Zielgruppe angepasst sein.
- Ästhetik, Bildsprache, Schnitt, Tempo und Länge des Webvideoangebotes sollten den Sehgewohnheiten der Zielgruppe angemessen sein.
- Die Sprache sollte der Zielgruppe angepasst sein.
- Barrieren für die Zielgruppe sollten minimiert werden, z. B. durch die Verwendung von Untertiteln, einfacher oder leichter Sprache, visueller Elemente wie Einblendungen von Schlüsselaussagen oder Fragestellungen, Zeichnungen oder Zusammenfassungen.
- Es sollte für die Zielgruppe möglich sein, sich mit den Protagonist*innen oder Darstellungen im Video zu identifizieren, indem diese in Hinblick auf Diversität und Heterogenität gewählt wurden.